16. Dezember 2020 Thema: RVR Von Die Redaktion
Am 13. September wurde das Regionalparlament zum ersten Mal direkt gewählt. Nach erfolgreich abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen findet am kommenden Freitag (11. Dezember) die konstituierende Sitzung des frisch gewählten Ruhrparlaments statt.
Beim Blick in den Koalitionsvertrag fallen ein paar Veränderungen ins Auge. Es gibt zwei neue Ausschüsse: „Mobilität“ sowie „Digitalisierung, Bildung und Innovation“. Zwei andere Ausschüsse haben neue Namen: Der Umweltausschuss wird zum „Ausschuss für Klima, Umwelt und Ressourceneffizienz“ und der Kultur- und Sportausschuss heißt künftig „Ausschuss für Kultur, Sport und Vielfalt“.Damit greift die künftige Koalition aus SPD und CDU gesellschaftliche und politische Veränderungen auf, packt sie bewusst an und macht sich auch auf diesen Feldern für regionale Lösungen stark. Natürlich haben die Themen Mobilität, Digitalisierung, Klima und Vielfalt schon längst Eingang in die Arbeit des RVRgefunden. Die neuen und die erweiterten Ausschüsse geben ihnen nun ein größeres Gewicht und machen sie noch deutlicher sichtbar.
Die Redaktion hat mit der bisherigen und künftigen Vorsitzenden der SPD-Fraktion über diese Veränderungen gesprochen. Den ersten Teil des Interviews mit Martina Schmück-Glock lesen Sie hier, der zweite Teil erscheint in einigen Tagen.
Warum wurde der bisherige Umweltausschuss um die Begriffe Klima und Ressourceneffizienz erweitert?
Die Klimaerwärmung und ihre Folgen gehören zu den drängendsten Problemen unserer Zeit. Schon bei der Gründung des Verbandes vor hundert Jahren gehörten Umweltthemen zu seinen Hauptaufgaben. Es ging darum, die Zersiedelung der Landschaft zu verhindern und Freiflächen zu sichern. Diese Freiflächen dienen heute der Naherholung, sie sind wichtige Frischluftschneisen und haben heute in Zeiten des Klimawandels weitere wichtige Aufgaben, zum Beispiel für den lokalen Temperaturausgleich.
Der Ausbau der sogenannten Grünen Infrastruktur wird in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle spielen. Der RVR schafft damit ein durchgängiges Netz aus Grün- und Freiräumen, das eine Vielzahl von Funktionen für die Menschen und die Umwelt erfüllt.
Zur Offensive Grüne Infrastruktur 2030 gehört auch die weitere Entwicklung der Haldenlandschaft. Wie soll das aussehen?
Es geht dabei um 20 Halden der RAG, die der RVR übernimmt und die mit den seit längerem im Besitz des RVR befindlichen 35 Halden ein Alleinstellungsmerkmal der Metropole Ruhr sind.
Einige werden zu markanten Landmarken und als Freizeit- und Naturflächen genutzt. Andere Halden sollen dazu dienen, Sonne und Wind in Energie umzuwandeln. Zurzeit wird geprüft, welche Flächen sich für Fotovoltaik- und Windkraftanlagen eignen.
Schließlich sollen drei noch nicht abgeschlossene Bergehalden, die sich im Besitz einer gemeinsamen Gesellschaft von RAG und AGR befinden im Regionalplan als Deponiestandorte für Erdaushub und Bauschutt ausgewiesen werden. Ich weiß, dass das umstritten ist. Die Frage ist immer: Was ist die Alternative? Der Müll muss irgendwo hin. Und wenn die Alternative ist, an anderer Stelle in die Natur eingreifen zu müssen, dann kann eine Halde das kleinere Übel sein. Die Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen, dass die Sicherheitsanforderungen sehr hoch sind und unser Ziel ist, Eingriffe in bisher unberührte Natur so weit wie möglich zu vermeiden.
Du wirst den Vorsitz des Ausschusses für Klima, Umwelt und Ressourceneffizienz übernehmen. Warum?
Die Themen, die dort bearbeitet werden, sind aus Sicht der SPD entscheidend für die Zukunft der gesamten Region. Hier die richtigen Akzente zu setzen, ist uns besonders wichtig. 2021 findet das Klima Festival Ruhr statt, das Projekt Klimametropole Ruhr 2022 wird fortgeführt und die Internationale Gartenausstellung 2027 rückt näher. Auch die Erstellung eines neuen regionalen Umweltberichtes wollen wir beauftragen. Das sind nur einige Stichworte zu den Aufgaben dieses Ausschusses. Kurz: Es gibt viel zu tun.
Der Ausschuss für Mobilität ist neu. Was soll dort passieren?
Der RVR engagiert sich schon lange für eine bessere Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger über kommunale Grenzen hinweg. Um der gewachsenen Bedeutung dieses Themas gerecht zu werden, wird es nun in einem eigenen Ausschuss behandelt. Es geht um die Verbesserung des ÖPNV genauso wie um Straßeninfrastruktur, Radwege, Lieferverkehr, Sharing-Systeme und Wasserstraßen.
Worum geht es beim ÖPNV?
Innerhalb der Metropole Ruhr von A nach B zu kommen, ist oft immer noch sehr mühsam. Die Fahrtzeiten sind nicht aufeinander abgestimmt, die Preise sind unterschiedlich, Anschlüsse passen nicht. In einer Metropole wie Berlin müssen die Menschen keinen Fahrplan im Kopf haben. Die Bahn kommt einfach. So sollte es bei uns auch sein.
Ein weiter Weg. Wie sehen die Schritte dahin aus?
Unser langfristiges Ziel ist: eine App für alles. Es ist immer noch so, dass die zwölf Verkehrsunternehmen ihre Nahverkehrspläne zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr aktualisieren. Das sorgt immer wieder für Probleme. Ein erster Schritt zu einem regionalen Nahverkehrsplan ist also, die Aktualisierung der Pläne aufeinander abzustimmen.
Im Östlichen Ruhrgebiet gibt es bereits eine gut funktionierende Kooperation der Nahverkehrsbetriebe, die auf die gesamte Region ausgeweitet werden kann. Die Oberbürgermeister und Landräte der Metropole Ruhr stimmen sich regelmäßig im Kommunalrat ab. Wir möchten, dass sie sich dort gemeinsam darauf einigen, ihre jeweiligen Nahverkehrsbetriebe zur Zusammenarbeit zu verpflichten.
Der nächste Schritt wäre dann, das Tarifsystem zu vereinfachen. Am Ende steht eine Mobilitäts-App für alles. Dort sollen auch Umsteigemöglichkeiten zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern und Sharing-Systeme integriert werden.
Viele Straßen und Brücken sind marode. Nicht zuletzt der Lkw-Verkehr setzt ihnen immer mehr zu. Was ist hier geplant?
Unsere Region schiebt einen großen Sanierungsstau bei Straßen und insbesondere bei Brücken vor sich her. Das hat auch damit zu tun, dass das Bundesverkehrsministerium das Ruhrgebiet bei der Mittelverteilung deutlich benachteiligt. Hier wird der RVR seinen Einfluss in Berlin geltend machen, damit die Gelder dort investiert werden, wo sie am dringendsten gebraucht werden.
Darüber hinaus ist wichtig, die Straßen von den Lieferverkehren zu entlasten und die Wasserwege verstärkt in die Logistik einzubeziehen. Auch hier gibt es erheblichen Modernisierungsbedarf. Der RVR kann sich hier als Netzwerker einbringen, Verantwortliche zusammenführen und Kooperationen fördern. Auch und gerade bei der Mobilität geht es darum, alte Grenzen zu überwinden und neue Verbindungen zu schaffen.
Das Thema Mobilität ist ein Thema der Ruhrkonferenz. Was ist rausgekommen?
Die Ruhrkonferenz ist eigentlich ein gutes Instrument, um einen konstruktiven Austausch zwischen der Metropole Ruhr und der Landesregierung zu ermöglichen. Leider sind die Ergebnisse bislang recht mager. Um hier ernsthafte Fortschritte zu machen, werden entsprechende Fördermittel gebraucht. Da kam vom Land noch nicht viel. Ich bin optimistisch, dass unser Koalitionspartner CDU selbst großes Interesse daran hat, die Landesregierung hier zum Handeln zu bewegen.
Der RVR ist für den Bau und die Pflege der regionalen Radwege verantwortlich. Was steht hier in den kommenden Jahren an?
Wir wollen die regionalen und die kommunalen Radwege stärker vernetzen. Radfahren wird in der Metropole Ruhr immer beliebter und durch Corona hat die Nutzung der Radwege nochmal deutlich zugenommen. Das bringt Nutzungskonflikte mit sich. Zwischen Radfahrern und Fußgängern, zwischen langsamen Radlern mit Kindern und Rennradfahrern usw.. Wir brauchen also neue Konzepte, um die Qualität und die Sicherheit der Radwege der stärkeren Nachfrage anzupassen.
Auch in den anderen Arbeitsfeldern des RVR stehen Vernetzung und ein gut koordiniertes Miteinander ganz oben auf der Agenda. Im zweiten Teil des Interviews geht es um die Veränderungen im Ausschuss für Kultur, Sport und Vielfalt sowie im Ausschuss für Digitalisierung, Bildung und Innovation.
Der zweite Teil des Interviews folgt in der nächsten Woche.