Martina Schmück-Glock ist unsere Fraktionsvorsitzende. Sie ist außerdem Auschussvorsitzende des Ausschusses für Klima, Umwelt und Ressourceneffizienz.
Die ehemaligen Bergbaustollen dienen heute als Durchlauferhitzer für die Energiewende. Die Unternehmen auf MARK 51°7 in Bochum decken ihren Wärme- und Kältebedarf demnächst mit Geothermie.
Wenn wir im Ruhrgebiet eins im Überfluss haben, ist es Grubenwasser. Also Wasser im lockeren Gestein der früheren Bergbaustollen, das je nach Tiefe der Stollen unterschiedliche Temperaturen aufweist. Seit Jahren wird im Geothermiezentrum Bochum bereits daran geforscht, dieses Grubenwasser für die Energiewende nutzen. Nun geht es in die konkrete Anwendung.
Von der Zeche zur Zukunftsenergie
In Bochum-Laer gibt es ein Musterbeispiel für die Wandlungsfähigkeit der Metropole Ruhr. Auf dem Gelände des ehemaligen Opel-Werks entsteht zurzeit das Innovationsquartier MARK 51°7. Opel wiederum wuchs Anfang der 1960er-Jahre dort, wo zuvor auf der Zeche Dannenbaum Kohle gefördert wurde.
Und ab 2024 liefert das Grubenwasser der vor mehr als sechzig Jahren geschlossenen Zeche Wärme und Kälte für einen Großteil der Unternehmen auf MARK 51°7. Ein echtes Generationenprojekt von der fossilen bis zur erneuerbaren Energie am selben Ort. Ein anschaulicheres Beispiel für unseren Weg zur grünsten Industrieregion der Welt lässt sich kaum finden.
800 Meter tief, knapp dreißig Grad
Die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG hat kürzlich gemeinsam mit der Fernwärme-Tochtergesellschaft der Stadtwerke Bochum erfolgreiche Pumptests durchgeführt. Diese Tests haben ergeben, dass mit dem Grubenwasser 70 bis 75 Prozent der Unternehmen in dem neuen Gewerbegebiet mit Wärme und Kälte versorgt werden können. Aus rund 800 Metern Tiefe kann knapp dreißig Grad warmes Wasser gefördert werden, aus 340 Metern Tiefe kommt kaltes Wasser von etwa siebzehn Grad. Wärmepumpen bringen das Wasser auf die gewünschten Temperaturen von 48 Grad zum Heizen und zehn Grad zum Kühlen.
Unerschöpfliche Wärmeenergie
Neben Sonne und Wind hat Erdwärme das größte Potenzial, um die Energiewende zu schaffen. Nach Schätzungen kann mehr als die Hälfte des Gebäude-Wärmebedarfs in NRW durch Geothermie gedeckt werden. Mit dem Grubenwasser unter MARK 51°7 werden 3.200 Tonnen Treibhausgas pro Jahr eingespart. Das entspricht dem durchschnittlichen CO2-Fußabdruck von knapp dreihundert Personen in Deutschland pro Jahr.
Geothermie in großem Stil einzusetzen wird einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz leisten, da mehr als die Hälfte der CO2-Emissionen in Deutschland durch die Wärmeversorgung entsteht.
Vom Abwasser zur Energiequelle
Wurde das Grubenwasser früher abgepumpt und ungenutzt in Seen und Flüsse geleitet, haben wir inzwischen erkannt, dass unser unterirdischer Schweizer Käse ein enormes Potenzial enthält. Da das warme Wasser knapp dreißig Grad hat, lassen sich Wärmepumpen mit Grubenwasser viel effizienter betreiben als wenn sie die Wärme aus der Luft auf Heiztemperatur bringen müssen. Außerdem handelt es sich um einen höchst nachhaltigen Durchlauferhitzer. Das hochgepumpte Wasser wird wieder in den Boden geleitet und dort erneut erwärmt bzw. abgekühlt. Ein unendlicher Kreislauf.
Grubenwasser für heute und morgen
Der RVR-Wirtschaftsausschuss hat auf dem Gelände von MARK 51°7 getagt und sich vor Ort ein Bild gemacht. Unsere Geschichte ist ohne die Kohleförderung nicht denkbar. Heute sind die Folgen dieser Geschichte die Basis für eine wegweisende Gegenwarts- und Zukunftstechnologie. Das wollen wir weiter voranbringen.