18. Mai 2021 Thema: Freizeit Von Peter Krause
Insbesondere für freie Kulturschaffende stellt die andauernde Pandemie ein existenzielles Problem dar. Wie früher wird es wohl nicht mehr werden. Um die Kultur in der Region unter den veränderten Bedingungen möglichst effektiv zu unterstützen, veranstaltet der RVR noch vor den Sommerferien einen ersten runden Tisch.
Wir erleben zurzeit die dramatischsten gesellschaftlichen Veränderungen seit der Nachkriegszeit. Die Kommunen, in NRW hauptverantwortlich für die Kultur, leiden unter wachsenden Schulden. Da Kultur eine freiwillige Aufgabe ist, wird dort oft zuerst gekürzt. München beispielsweise will seinen Kulturetat ab 2021 jährlich um 6,5 % reduzieren, Bamberg in 2021 gar um 25 %. Mülheim an der Ruhr will die Stadtteilbüchereien schließen, die bisher wichtige Treffpunkte, Bildungs- und Veranstaltungsorte waren. Es steht zu befürchten, dass das erst die Spitze des Eisbergs ist. Die kulturelle Grundversorgung ist bedroht.
Besonders hart trifft es kleinere Projekte und Soloselbstständige im Kulturbereich und in angrenzenden Feldern wie Veranstaltungstechnik und Catering. Die geltenden Hygienevorschriften sorgen dafür, dass es schlicht nicht mehr wirtschaftlich ist, kleinere Säle zu bespielen. Auch für viele Kinos dürfte es schwer werden zu überleben. Der RVR will den Betroffenen eine Plattform bieten, in die sie ihre Wünsche und Ideen einbringen, um neue Formen der Kulturförderung zu entwickeln.
Viele Theater, Konzertsäle, Museen, Kulturzentren und Festivals machen das Ruhrgebiet zu einer spannenden und vielfältigen Kulturlandschaft. Gerade die freie Kulturszene trägt maßgeblich zur Attraktivität der Region bei. Für die öffentlich geförderte Kultur sind in NRW zum überwiegenden Teil die Städte und Kreise verantwortlich. Der RVR unterstützt vor allem regionale Netzwerke und Projekte von regionaler und überregionaler Bedeutung.
Ein herausragendes Beispiel, das bis heute nachwirkt, war die Kulturhauptstadt Europas 2010. Alle Städte und Kreise der Metropole Ruhr haben sich aktiv eingebracht und Millionen Menschen waren von den kleinen und großen Veranstaltungen im Jahr der Kulturhauptstadt begeistert. Das Motto lautete damals „Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“.
Um die positiven Wirkungen dieses besonderen Jahres wieder aufzunehmen und zu verstetigen, haben der RVR und das Land NRW eine Nachhaltigkeitsvereinbarung getroffen. Ein Bestandteil dieser Vereinbarung ist die jährlich stattfindende Kulturkonferenz, die der RVR ausrichtet. Sie bietet der regionalen Kulturszene eine große Bühne für künstlerischen und kulturpolitischen Austausch. Mit etwa fünfhundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat sich die Kulturkonferenz zu einer wichtigen Plattform für die Kultur im Ruhrgebiet entwickelt.
Seit 2016 gibt es einen Fördertopf für Kulturprojekte beim RVR in Höhe von 100.000 Euro jährlich. Über die Mittelvergabe entscheidet der Kulturausschuss des RVR. Die Förderbedingungen an die grundlegend veränderte Situation anzupassen, ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer Kulturförderung nach der Corona-Pandemie. Um den Dialog mit den Kulturschaffenden zu intensivieren, wird es künftig zusätzlich zur Kulturkonferenz jährlich drei bis vier Runde Tische geben. Der Auftakt zum Dialog findet noch vor den Sommerferien 2021 statt.
Die kommenden Gesprächsrunden werden voraussichtlich Hybrid-Veranstaltungen sein, einerseits digital und andererseits hoffentlich auch analog im persönlichen Kontakt. Der RVR möchte dadurch das kulturelle Netzwerk noch enger knüpfen und die Kulturschaffenden direkt nach ihrem größten Unterstützungsbedarf fragen. Freie Künstlerinnen und Künstler, Initiativen, Projekte und alle Interessierten sind herzlich eingeladen, sich an diesem Dialog mit Politik und Verwaltung zu beteiligen.
Nach den Sommerferien soll dann das Antragsverfahren für die RVR-Kulturförderung an den veränderten Bedarf angepasst werden. Das ist der erste Schritt, um zu erkunden, wie Kultur in der Zeit nach Corona aussehen kann. Klar ist: Das Geld für Kultur wird künftig deutlich knapper sein. Umso wichtiger ist es, die vorhandenen Mittel möglichst sinnvoll einzusetzen.
In den nächsten Jahren kann es nicht darum gehen, neue Leuchttürme zu bauen. Unser Ziel muss es sein, die Kultur am Leben zu erhalten. Das geht nur mit den Menschen, die Kunst und Kultur erschaffen. Und das geht nur, wenn diese davon leben können. In diesem Sinne kann uns die Kultur einmal mehr als gesellschaftliches Übungsfeld und Wegweiser Richtung Wandel dienen.
Peter Krause ist sachkundiger Bürger im RVR-Ausschuss für Kultur, Sport und Vielfalt und kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Er lebt in Mülheim an der Ruhr und war zwanzig Jahre lang Geschäftsführer des Soziokulturellen Zentrums und Theaterhauses Ringlokschuppen Ruhr.
Foto: ©RuhrTourismus