22. November 2018 Thema: Allgemein Von SPD-Fraktion
Eine aktuelle Analyse der Verkehrssituation in der Metropole Ruhr zeigt den dringenden Handlungsbedarf. Damit der Verkehr wieder fließen kann, brauchen wir weniger Autos und attraktive Alternativen.
Die alltäglichen zähen Staus auf den Straßen der Metropole Ruhr machen deutlich: Das Auto ist schon lange kein Symbol für Freiheit mehr, sondern beeinträchtigt die Lebensqualität vieler Menschen und schadet der Umwelt. Dass der sprichwörtliche Stillstand ein Ende haben muss und moderne Mobilitätskonzepte gefragt sind, haben inzwischen alle Akteure erkannt.
58 Prozent Autoverkehr
Die im Planungsausschuss des Regionalverbandes Ruhr vorgestellte Studie zur regionalen Mobilitätsentwicklung fasst das Problem in eine anschauliche Zahl. Mit 58 Prozent stellt der Autoverkehr einen deutlich überproportionalen Anteil an der gesamten Mobilität dar. Soll der Verkehr besser fließen, muss es attraktive Anreize geben, auf andere Verkehrsträger umzusteigen und das eigene Auto möglichst häufig stehen zu lassen oder ganz überflüssig zu machen.
Woran es bisher hakt, lässt sich im Alltag jederzeit feststellen. Kommt man zwar schnell und einfach mit der Bahn vom Dortmunder zum Essener Hauptbahnhof, wird es aber direkt ungemütlich, wenn das Ziel außerhalb der großen Zentren liegt. Martina Schmück-Glock, Vorsitzende der SPD-Fraktion im RVR, erlebt es selbst immer wieder: „Letztens hatten wir eine Fraktionssitzung in Marl und eine Klausurtagung in Werne. Niemand ist zu diesen Terminen mit dem ÖPNV gekommen. Nicht, weil alle so gern Auto fahren, sondern weil die Anreisedauer mit dem ÖPNV viel länger dauert und keine Alternative zum PKW ist.“
Die Lösung für dieses Problem ist kein Geheimnis: Ausbau der Alternativen zum Auto (Multimodalität) und Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger untereinander (Intermodalität). Durch die Digitalisierung lässt sich die Vernetzung auf der technischen Ebene zum Beispiel durch Smartphone-Apps relativ einfach realisieren.
Interne Kooperation verbessern
Die Studie hat ebenfalls gezeigt, dass die Metropole Ruhr nach außen sehr gut angebunden und vernetzt ist und die Defizite vor allem in der internen Kooperation liegen. So hat die Bogestra vor wenigen Tagen eine neue App vorgestellt, mit der Pendler ab 2020 mit einem einzigen Ticket von Bochum aus durch ganz Deutschland reisen können. Dazu arbeitet die Bogestra u.a. mit den Dortmunder Stadtwerken, der Deutschen Bahn und mit den Verkehrsbetrieben in Mannheim, Stuttgart, Leipzig und München zusammen.
Jens Hebebrand ist planungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im RVR und Vorsitzender des Arbeitskreises ÖPNV, in dem der RVR mit den Verkehrsverbünden VRR und NWL gemeinsam an einer Angleichung der regionalen und lokalen Nahverkehre arbeitet. „Ein gutes Projekt, das in die richtige Richtung geht: Kooperation. Wichtig ist jedoch, nicht noch mehr lokale Insellösungen zu schaffen, sondern den Nahverkehr in der gesamten Metropole Ruhr einzubeziehen“, erklärt Jens Hebebrand.
Die Vielfalt der Verkehrsbetriebe in unserer Region zeigt sich in einem unübersichtlichen Tarifdschungel mit zahlreichen Tarifzonen und umständlichen Hürden beim Wechsel von einer Tarifzone in eine andere. Soll der Verkehr künftig besser fließen, muss die Nutzung des ÖPNV einfacher und bequemer werden. „Jeder Verkehrsbetrieb hat seine eigenen Fahrzeuge, die alle unterschiedlich aussehen. Auch hier ist eine Kooperation sinnvoll, um den Menschen in der Region den Umstieg auf Bus und Bahn zu erleichtern“, so Hebebrand.
Dieselfahrverbote keine Lösung
Die aktuellen Diskussionen um Dieselfahrverbote gehen am Problem vorbei. Martina Schmück-Glock: „Dürften auf der Kurt-Schumacher-Straße in Gelsenkirchen keine Diesel mehr fahren, queren die dieselbetriebenen Schiffe auf dem Rhein-Herne-Kanal die Straße immer noch. Der Umwelt nützt das gar nichts.“ Die Metropole Ruhr sollte diese Diskussion als Impuls auffassen, nachhaltige Konzepte zu entwickeln, um die hohen Feinstaub- und Stickoxidbelastungen zu reduzieren.
Es gilt, offen zu sein für kreative Lösungen und unterschiedliche Lösungsansätze zu diskutieren und in der Praxis auszuprobieren. „Die Mobilität in der Metropole Ruhr zu verbessern, darf kein Generationenprojekt werden, sondern wir müssen möglichst schnell an den unterschiedlichen Stellschrauben drehen. Genug Ansätze sind vorhanden“, erläutert die Fraktionsvorsitzende. So testet die Stadt Bonn ein Klimaticket, das 365 Euro im Jahr kostet, also einen Euro am Tag. Im Silicon Valley und an vielen anderen Orten sausen bereits heute E-Scooter über die Straßen. Die handlichen und leichten Elektroroller, die bis zu 25 km/h fahren, können eingeklappt und mit in die Bahn genommen werden. Sie können sich zu einer umweltfreundlichen Alternative zum Auto entwickeln, insbesondere auf den Kurzstrecken zwischen zwei und fünf Kilometern, die den Straßenverkehr stark belasten. Anfang 2019 werden sie in Deutschland voraussichtlich zugelassen.
Mobilität als Wirtschaftsfaktor
Die Komplexität des Themas Mobilität bringt es mit sich, dass es zahlreiche Stellschrauben gibt. Alle Akteure sind auf ihrer jeweiligen Ebene in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten, um die Staus aufzulösen. Land und Bund sind gefragt, wenn es um den Ausbau der Infrastruktur geht. Darüber hinaus muss der Bund mit den Autoherstellern endlich eine Lösung in der Dieselfrage finden. Zu den Aufgaben des RVR gehört, mehr Alternativen für die kurzen Strecken zu entwickeln und die Radwege weiter auszubauen. Nicht zuletzt sollte die Ruhrkonferenz die Verbesserung der Mobilität zu einem Schwerpunkt machen.
Die Menschen in der Region erwarten zurecht eine Bewegung der Verantwortlichen. Martina Schmück-Glock: „Moderne Mobilität und fließender Verkehr sind in einem hochentwickelten Ballungsraum wie der Metropole Ruhr kein Luxus, sondern das Rückgrat für Lebensqualität, gute Luft und – auch vor dem Hintergrund der wachsenden Logistikbranche – ein entscheidender Wirtschaftsfaktor.“