Ulrich Syberg ist Co-Sprecher und sachkundiger Bürger im Mobilitätsausschuss.
Hat in der Vergangenheit das Auto die gesamte Region und unseren Alltag geprägt, so geht es in Zukunft um flexible Mobilität, bei der alle Verkehrsarten miteinander verknüpft werden, um möglichst wenig Autoverkehr zu erzeugen. Sie soll sozial gerecht, komfortabel, sicher, bezahlbar und umweltfreundlich sein. Nur attraktive Alternativen zum Auto können für eine echte Verkehrswende sorgen. Gründe und Packenden gibt es genug.
Emissionen senken
Mehr als fünf Millionen Menschen, die in der Metropole Ruhr leben und arbeiten, sorgen für einen bedeutenden Ausstoß an Treibhausgasen. Mit 13,9 Tonnen CO2 im Jahr 2020 liegt das Ruhrgebiet nach wie vor deutlich über den Vergleichswerten von NRW und Bund. Das liegt zwar vor allem an der Stahl- und Chemieindustrie, deren Ausstoß durch erhebliche Investitionen rückläufig ist. Die durch motorisierten Verkehr bedingten Emissionen stagnieren weiterhin auf hohem Niveau. Dies ist ein wichtiges Packende, unsere CO2-Bilanz muss hier deutlich verbessert werden.
Logistikhubs – Mehr Güter per Schiff und Bahn
Die Metropole Ruhr liegt mitten in Europa und ist allein schon aufgrund ihrer Zentralität einer der wichtigsten Logistikstandorte auf dem Kontinent. Güter müssen transportiert werden – möglichst effizient und emissionsarm. Bahn und Schiff gewinnen an Bedeutung. Duisport ist nicht nur ein Hafen, sondern eine logistische Drehscheibe von internationaler Bedeutung. Solche Verteilzentren („Logistikhubs“), an denen sich Straßen, Schienen und Wasserwege kreuzen, müssen elementarer Bestandteil der Verkehrswende sein.
Attraktiver ÖPNV – eine Gemeinschaftsaufgabe
Das Auto ist trotz verstopfter Straßen nach wie vor das Verkehrsmittel Nummer eins im Ruhrgebiet. Nicht weil die Menschen so gern auf der A40 im Stau stehen, sondern weil die Alternativen bisher so schlecht sind und deren Potenzial nicht konsequent genutzt werden. Laut einer Umfrage des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) nutzen 45 Prozent den Nahverkehr nie. 400.000 verkaufte 49-Euro-Tickets im VRR-Gebiet zeigen, dass die Menschen grundsätzlich Interesse am ÖPNV haben. Es gilt die Vorteile des Nahverkehrs so zu steigern, dass Bus und Bahn künftig attraktiver sind als das Auto. Thomas Eiskirch (OB Bochum) stellte allerdings jüngst fest, dass „es neue Finanzierungsgrundlagen braucht, sonst haben wir in Zukunft keinen ÖPNV-Ausbau, sondern einen Abbau.“ Es gilt Kirchturmdenken zu überwinden und Mobilität aus einem Guss zu bieten, letztlich endet der ÖPNV zumeist nicht an Stadtgrenzen. Mit VRR und NWL bilden wir eine starke, regionale Stimme gegenüber Düsseldorf.
Dichtes und komfortables Radwegenetz
Nicht nur lange Strecken, sondern auch die unter zehn Kilometern (75 Prozent) werden im Ruhrgebiet überwiegend mit dem Auto zurückgelegt. Und sogar für Wege, die kürzer sind als fünf Kilometer (65 Prozent), wird sehr oft der Pkw genutzt. Um auf Kurzstrecken das Auto möglichst oft stehen zu lassen, brauchen wir ein dichtes Radwegenetz und komfortable Radschnellwege, die eine echte Alternative im Alltag darstellen. Das Kompetenzzentrum Radmobilität Ruhr des RVR leistet hier einen wichtigen Beitrag und unterstützt die Kommunen der Region dabei, ihre Radwegenetze weiter auszubauen. Die Förderung der Gesundheit ist ein positiver Nebeneffekt von Radfahren, der die Krankenkassen entlastet.
Mehr Freiflächen, mehr Lebensqualität
Bisher galt im Ruhrgebiet 70 Jahre lang Vorfahrt für Autos. Das verursacht nicht nur viele Emissionen, sondern verbraucht auch enorm viel Platz im öffentlichen Raum für Straßen und Parkplätze. Doch der Raum ist zunehmend umkämpft und die Menschen engagieren sich stärker für eine Umverteilung des Straßenraums. Durch angestoßene Veränderungen kann versiegelte Fläche wieder frei werden. Das ist gut für Umwelt und Klima, gut für unsere Lebensqualität und fördert das Miteinander in unseren Städten.
Fünf Gründe und Möglichkeiten die Verkehrswende an vielen Ecken gleichzeitig anzupacken.