21. Oktober 2020 Thema: Umwelt Von Gerd Drueten
Seit zehn Jahren ist Gerd Drüten Mitglied des Betriebsausschusses RuhrGrün, in den letzten fünf Jahren als Vorsitzender. RuhrGrün ist ein Eigenbetrieb des RVR und kümmert sich in erster Linie um die Pflege und Bewirtschaftung der RVR-eigenen Wälder und Freiflächen. In das weite Feld der Forstwirtschaft hat sich der ehemalige Leiter der Volkshochschule Dinslaken-Voerde-Hünxe über die Jahre immer tiefer eingearbeitet und blickt auf einzigartige Projekte und herausfordernde Entwicklungen zurück. Mit fast 15.000 Hektar Fläche ist der RVR der größte kommunale Waldbesitzer in Nordrhein-Westfalen. „Die Arbeit von RuhrGrün kann in der Metropole Ruhr und auch in NRW also richtig etwas bewirken“, so Gerd Drüten.
Seine Augen leuchten, wenn er von der Bislicher Insel erzählt. Dabei handelt es sich um ein 1.200 Hektar großes Naturschutzgebiet in Xanten, das zum Kreis Wesel gehört. Sie ist eine der letzten naturnahen Auenlandschaften am Niederrhein und bietet seltenen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat. „Dort leben Seeadler, Biber, Störche und viele andere Tierarten. Es ist eine große Freude zu sehen, dass das am Niederrhein und am Rande des Ruhrgebiets heute wieder möglich ist“, strahlt Gerd Drüten. Man kann dort zum Beispiel Vögel beobachten und sich im RVR-Besucherzentrum NaturForum Bislicher Insel weitergehend informieren.
Wer über Wald und Bäume spricht, spricht heute automatisch auch von Klimawandel, seinen Folgen und möglichen Lösungsansätzen. Die Zeiten, dass Wald nur als Holzlieferant und Naherholungsgebiet betrachtet wurde, sind vorbei. „Selbstverständlich betrachtet RuhrGrün die Waldflächen des RVR heute umfassend, auch und gerade in ihrer ökologischen Bedeutung sowie ihrer Funktion für das Klima“, erklärt der Ausschussvorsitzende die Entwicklung der letzten Jahre. „Alle Beteiligten haben gelernt weiterzudenken. Vor einigen Jahren waren Urwälder zum Beispiel noch kein Thema. Das ist heute anders.“ Um mehr natürliche Lebensräume zu schaffen und für ausgeglichenere Temperaturen zu sorgen, plant der RVR bestimmte Waldflächen sich selbst zu überlassen und will Erfahrungen sammeln, weniger oder gar nicht in die Natur einzugreifen. „Urwaldareale im Ruhrgebiet, wenn das keine Schlagzeilen macht“, blickt Drüten hoffnungsfroh nach vorn.
In den Wäldern des RVR treffen immer wieder auch unterschiedliche Interessen aufeinander. Hier ist Gerd Drüten in seinem Element: „Gute Kommunikation ist ganz entscheidend für den Erfolg unserer Arbeit. Mir war es immer besonders wichtig, alle auf den Weg mitzunehmen und einen Konsens herzustellen.“ So gründete sich im linksrheinischen Baerler Busch eine Bürgerinitiative, die sich gegen Abholzungen zur Wehr gesetzt hat. Dabei ging es dort nicht um Kahlschlag, sondern um Waldpflege- und -ertüchtigungsmaßnahmen sowie Rettungsaktionen. So hatte etwa die Spätblühende Traubenkirsche, eine invasive Art, die die einheimische Flora verdrängt, sich stark ausgebreitet und musste teilweise großflächig herausgenommen werden. „Es gab einen Runden Tisch und mehrere Termine vor Ort, wo wir alles erklärt und diskutiert haben. Am Ende waren fast alle mit den Maßnahmen einverstanden.“
Im Betriebsausschuss RuhrGrün sitzen interessierte Laien aus allen Fraktionen und bereiten u.a. die Entscheidungen für die Verbandsversammlungen des RVR vor. Um fachlich gute Arbeit zu leisten gehört es dazu, sich von Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Forstwirtschaft beraten zu lassen. Auch Gespräche mit den Naturschutzverbänden wie dem BUND sind daher an der Tagesordnung. Schließlich müssen drei Gruppen unter einen Hut gebracht werden: Verwaltung, Politik und die Bürgerschaft. Die Devise von Gerd Drüten lautet daher: Durch faire und transparente Kommunikation Akzeptanz schaffen, voneinander lernen und Konsens herstellen.
Der 68-jährige Voerder denkt nicht an Ruhestand, sondern brennt dafür, weiterhin sozialdemokratische Herzensanliegen umzusetzen. Als Vorsitzender der SPD-Fraktion im Weseler Kreistag einerseits, im RVR andererseits. Wichtig ist ihm, Ökologie und Ökonomie nicht als Gegensätze zu betrachten, sondern beide ernstzunehmen und zu integrieren. „Wir als Ruhrgebiet wollen die grünste Industrieregion der Welt werden. Das geht nur so.“ Wichtig sei es, Eingriffe in die Natur so weit wie möglich zu begrenzen und dort, wo neue Gewerbe- und Industriebauten entstehen, zum Beispiel Solardächer, Dach- und Fassadenbegrünungen von Anfang an einzuplanen und so für ökologischen Ausgleich zu sorgen.
Gerd Drüten will sich auch im kommenden Ruhr Grün-Ausschuss aktiv einbringen, der nach den Regionalwahlen am 13. September im Dezember seine Arbeit aufnimmt. Nicht zuletzt für die Bislicher Insel gibt es große Pläne, die er gern mit voranbringen möchte. Sie entstand einst dadurch, dass der Rhein sein Flussbett verlagerte und dort einen Altrheinarm, der nicht mehr mit dem heutigen Rhein verbunden ist, hinterließ. Durch wechselndes Hoch- und Niedrigwasser ist die Auenlandschaft mit ihren besonderen Lebensbedingungen entstanden. Die Bislicher Insel steht mit Wasser und Wald, Flora und Fauna für einzigartige Vielfalt. „Es gibt die von vielen Akteuren getragene Idee, den alten Rheinarm wieder an den Rhein anzuschließen, damit das Gebiet weiter feucht bleibt und nicht verlandet“, erklärt er. Das wäre ein generationenübergreifendes Naturschutzprojekt von europäischer Bedeutung. „Das mit anschieben und realisieren zu dürfen, wäre wirklich toll.“