28. Oktober 2020 Thema: Wirtschaft Von Klaus Haertel
Dass Klaus Haertel vor sechs Jahren in der SPD-Fraktion im RVR und im Wirtschaftsausschuss landete, war den damaligen Umständen rund um Überhangmandate und die Vergrößerung des Ruhrparlaments geschuldet. Über Langeweile konnte der Gelsenkirchener, der sich seit Jahrzehnten in der Kommunalpolitik engagierte, schon damals nicht klagen.
„Am Anfang dachte ich, der Wirtschaftsausschuss im RVR funktioniert ungefähr so wie ein kommunaler Ausschuss für Wirtschaftsförderung. Das stimmt aber nicht, die Arbeit im RVR ist viel umfassender“, erzählt Klaus Haertel. Da der promovierte Physikochemiker ein Faible für Zahlen hat, fiel ihm die Einarbeitung relativ leicht: „Es hilft, wenn man Freude daran hat, Jahresabschlüsse zu lesen. Dann wird es richtig spannend.“
Ein großes Thema in den letzten Jahren war die Zusammenführung der Revierparks unter dem Dach der Freizeitgesellschaft Metropole Ruhr. Die Parks sind für die Menschen in der Region nach wie vor sehr wichtig, stehen aber nicht zuletzt ökonomisch vor großen Herausforderungen. Eine stärkere Kooperation soll daher Synergien schaffen und die notwendigen Modernisierungen erleichtern.
Klaus Haertel sitzt auch im Aufsichtsrat der Freizeitgesellschaft und hat den Kooperationsprozess von Anfang an aktiv begleitet. „Interessant war festzustellen, wie verschieden die Städte mit ihrem Rechnungswesen umgehen. Am Anfang waren die Zahlen komplett unterschiedlich. Es war als wollte man Äpfel mit Birnen vergleichen“, so der SPD-Politiker. Das hat sich inzwischen verändert und ist auf einem guten Weg. „Zu Beginn fühlten sich erst einmal alle Revierparks benachteiligt. Durch die wachsende Transparenz und zunehmende Vergleichbarkeit hat sich das gelegt.“
Das ist eine der Erfahrungen, die Klaus Haertel auch seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern mit auf den Weg geben will: „Offenheit schafft Vertrauen. Das ist die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit.“ Durch die Gründung der gemeinsamen Freizeitgesellschaft sind die Revierparks nicht schlagartig genesen, aber die Richtung stimmt. „Wichtig ist, Prioritäten zu setzen.“
Natürlich wirkt sich die Corona-Pandemie auch auf die Revierparks aus. Die Besucherzahlen sind in diesem Jahr deutlich zurückgegangen, das hat Folgen für die Einnahmen. „Das wird in den kommenden Jahren noch ein großes Thema für die Kommunen und den RVR. Wenn der politische Wille da ist, können sie erhalten werden“, ist Klaus Haertel überzeugt. Und er ist überzeugt, dass sie weiterhin gebraucht werden. „Die Revierparks sind zentrale Naherholungsstätten, gerade auch für die sozial benachteiligten Menschen im Ruhrgebiet.“ Gemeinsam mit den Kommunen und der Landesregierung muss der RVR ausloten, wie diese Aufgabe gestemmt werden kann.
Ein weiteres prägendes Thema der letzten Legislaturperiode war die Imagekampagne „Metropole Ruhr. Stadt der Städte“. Klaus Haertel erinnert sich: „Am Anfang war nur die SPD leidenschaftlich dafür.“ Aus seiner Sicht hat die Kampagne durchaus dazu beigetragen, die Wahrnehmung der Region zu verbessern. „Sie wirkt nicht zuletzt auch nach innen.“
Klaus Haertel erblickte 1950 in Frankfurt/Main das Licht der Welt. Seit 1952 lebt er jedoch in Gelsenkirchen und betrachtet diese Stadt als seine Wurzel: „Meine Mutter war Ur-Gelsenkirchenerin, die Vorfahren besaßen in Bulmke eine Mühle.“ Heimat Ruhrgebiet. „Die Leute hier waren früher stolz auf Kohle und Stahl, ich fand das als Kind auch toll.“ Mit dem Niedergang der Montanindustrie kam der Frust und sank das Selbstbewusstsein.
„Es ist wichtig, dass Menschen die Region, in der sie leben, mögen und stolz darauf sind.“ Daher begrüßt der Schalke-Fan die Imagekampagne. „Das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Wir müssen einen langen Atem haben.“
Er selbst hatte diesen langen Atem und wird der Region und seiner Stadt auch weiterhin treu verbunden bleiben. Nach 36 Jahren im Rat und 22 Jahren als Vorsitzender der Gelsenkirchener SPD-Fraktion möchte er nun mehr Zeit mit seiner Frau verbringen. „Ich werde demnächst siebzig und bin nicht mehr ganz so fit. Die Jahre waren schön und intensiv und nun ist es Zeit für einen neuen Lebensabschnitt.“ Daher ist er bei den Kommunal- und Regionalwahlen im September nicht erneut angetreten.
Klaus Haertel verkörpert die ur-sozialdemokratischen Werte Freiheit und Solidarität. „Inhaltlich und persönlich berechenbar zu bleiben, war mir immer besonders wichtig. Man wird auch selbst glücklicher, wenn man nach den eigenen Werten lebt.“ Aus seiner Sicht haben die Städte in der Metropole Ruhr dauerhaft nur eine Chance, wenn sie gut zusammenarbeiten und sich gegenseitig solidarisch unterstützen.
Im Wirtschaftsausschuss hilft eine gewisse Sachkunde, dort erfolgreich zu arbeiten. „Wie gesagt, es lohnt sich, Spaß an Jahresabschlüssen zu entwickeln und sie zu verstehen.“ Als Naturwissenschaftler mit einem Hang zu Zahlen lässt sich das auch ganz nüchtern formulieren: „Wichtig ist, sich Ziele zu setzen und den Erfolg messbar zu machen.“